Einsamkeit abwehren: Die Schutzwirkung von Sinnhaftigkeit im Leben
Einsamkeit abwehren: Die Schutzwirkung von Sinnhaftigkeit im Leben
zusammengefasst von Sonja Radjenovic
Die schädlichen Folgen von Einsamkeit auf das Wohlbefinden und körperliche Gesundheit sind gut erforscht. Daher ist es wichtig herauszufinden, welche Dinge Menschen helfen, sich weniger einsam zu fühlen. So verleiht das Finden eines Sinns und einer Aufgabe im Leben das Gefühl von Bedeutung, Verbundenheit und Erfüllung. Egal, ob es sich dabei um soziales Engagement, beruflichen Erfolg, oder ein persönlich bedeutsames Hobby handelt – sie können wirksamen Schutz vor Einsamkeit bieten.
Studien unterstreichen die Bedeutung sozialer Beziehungen und gegenseitiger Unterstützung für die Erfahrung eines sinnvollen Lebens. Für Kinder und Jugendliche spielen soziale Verbindungen zu Lehrer:innen, Gleichaltrigen und Eltern eine entscheidende Rolle, um Bedeutsamkeit und Sinn im eigenen Leben erkennen zu können. Für Menschen im jungen Erwachsenenalter sind soziale Beziehungen wichtig, um ihre eigene Identität zu finden und eigene Stärken zu erkennen. Für ältere Erwachsene sind hingegen enge soziale Bindungen von persönlicher Bedeutung wichtiger.
Menschen können bei der Verfolgung ihrer Ziele auf natürliche Weise positive soziale Beziehungen aufbauen. Die Art des Zusammenhangs zwischen dem Gefühl von Sinn im eigenen Leben und sozialer Unterstützung variiert jedoch im Laufe des Erwachsenenalters. Während die erhaltene Unterstützung in den frühen und späten Lebensphasen oft von entscheidender Bedeutung ist, kann sie im mittleren Erwachsenenalter an Bedeutung verlieren, wenn sich Einzelpersonen zu zielgerichteten Rollen verpflichten (z.B. Pflege von Kindern oder älteren Familienmitgliedern, oder Karriereentwicklung).
Im Jahr 2021 wurden in der Schweiz im Rahmen der sogenannten MOSAiCH-Umfrage 2312 Teilnehmer:innen im Alter von 19 bis 91 Jahren zu diesen Themen befragt. Die Ergebnisse der Befragung lieferten wertvolle Daten zur Vielschichtigkeit der sozialen Unterstützung. Dabei wurden die erhaltene Unterstützung, die gewährte Unterstützung und wie einsam man sich fühlt, genauer untersucht. Durch die Untersuchung dieser Faktoren wollten Forscher:innen den Zusammenhang zwischen der Sinnsuche und der Einsamkeit untersuchen.
Bei der Analyse der Alterstrends entdeckten die Forscher:innen faszinierende Muster. Im Einklang mit vorhandener Literatur ergab die Studie, dass die Sinnhaftigkeit bis zum Rentenalter tendenziell zunimmt und danach abnimmt. Ebenso nimmt die Einsamkeit tendenziell bis zum Alter von etwa 70 Jahren ab, danach kann es zu einem leichten Anstieg kommen. Die erhaltene und gewährte soziale Unterstützung erreichte im jungen Erwachsenenalter ihren Höhepunkt und nahm mit zunehmendem Alter stetig ab - möglicherweise aufgrund des Wunsches nach Unabhängigkeit und der Zurückhaltung, sich als Belastung zu fühlen. Im späten Erwachsenenalter ist zwar das Gefühl von Unterstützung bedeutsam, übermäßige Unterstützung trägt jedoch nicht unbedingt zu mehr Sinnhaftigkeit bei. Dies könnte die Eigenständigkeit beeinträchtigen und möglicherweise dazu führen, dass sich Personen weniger sinnerfüllt fühlen.
Die Studie zeigte außerdem, dass Menschen, die ein zielgerichtetes Leben führen, unabhängig von ihrem Alter seltener unter Einsamkeitsgefühlen leiden. Es wurde deutlich, dass nicht nur soziale Interaktionen an sich, sondern vielmehr ein tiefes Gefühl von Sinnhaftigkeit einsamkeitsabwehrend wirkt. Besonders für ältere Erwachsene, insbesondere jene in den 70ern und darüber, spielt die Suche nach Sinn eine entscheidende Rolle, um der erhöhten Einsamkeit in dieser Lebensphase entgegenzuwirken.
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass es keine Nachteile hat, später im Leben etwas Sinnvolles zu finden. Dennoch ist Vorsicht geboten, wenn man seine Ziele allzu intensiv verfolgt, da dies zu existenzieller Angst und Kummer führen kann (z.B. das Gefühl, die Welt retten zu müssen). Daher haben selbst in der Suche nach einem tieferen Sinn auch kleine Dinge eine Bedeutung (z.B. freundliche Gesten, Naturerlebnisse, oder Hobbys wie Gärtnern).
Hill, P. L., Olaru, G., & Allemand, M. (2023). Do associations between sense of purpose, social support, and loneliness differ across the adult lifespan? Psychology and Aging, 38(4), 345–355. doi.org/10.1037/pag0000733
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