Fit durch Fremdsprachen - Wie das Erlernen einer Fremdsprache das Altern positiv beeinflussen kann

zusammengefasst von Tina Zander

 

Älter werden ist heute vor allem mit der Frage verbunden, wie ich mich möglichst lange möglichst gesund halte - sowohl körperlich als auch geistig. Die Behandlung altersbedingter kognitiver Störungen spielt dabei eine immer größere Rolle, da die Zahl der Betroffenen stetig wächst. So gibt es derzeit etwa 50 Millionen Demenzerkrankungen weltweit. Im Jahr 2030 soll diese Zahl auf 80 Millionen und bis 2050 sogar auf 152 Millionen ansteigen. 

Die zuständigen Gesundheitssysteme sind bemüht, dem entgegenzuwirken, stoßen dabei aber an ihre Grenzen. Viele Menschen bekommen nicht die Hilfe, die sie brauchen, und auch wenn eine medikamentöse Behandlung möglich ist, schlägt diese oft nicht zufriedenstellend an. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, braucht es mitunter eine geeignete Vorbeugung.

Auf der Suche nach effektiven Maßnahmen haben Forscher*innen bereits einige nicht-medikamentöse Methoden ermittelt, die vielversprechend scheinen. Dazu zählen Sport, Denkaufgaben, eine nährstoffreiche Diät oder das Pflegen sozialer Kontakte. Es sind gute Möglichkeiten, um die kognitive Gesundheit bis ins hohe Alter positiv zu beeinflussen. Ausschlaggebend ist die regelmäßige Aktivierung verschiedener Hirnareale, die anderweitig immer weniger genutzt werden. 

Eine weitere bekannte Methode, das Gehirn auf Trab zu halten, ist das Erlernen einer fremden Sprache (FLL - foreign language learning). Forscher*innen haben herausgefunden, dass beim Lernen einer Sprache zum Teil diejenigen Areale aktiviert werden, die später besonders von negativen Entwicklungen im Alter betroffen sind. Es gibt zwar bis jetzt nur wenige Studien, die sich diesem Phänomen widmen, die bisherigen Ergebnisse zeigen aber: eine neue Sprache zu lernen, führt zu verbesserten kognitiven Leistungen und kann das Einsetzen von kognitiven Störungen um einige Jahre verzögern. So konnten beispielsweise bilinguale Personen, die im Laufe ihres Lebens eine zweite Sprache erlernt hatten, ihre kognitiven Fähigkeiten ca. 4,5 Jahre länger erhalten. Nicht nur die Sprache im Speziellen, sondern auch das Lernen an sich, stellt dabei einen wichtigen, positiven Faktor dar. Lebenslanges Lernen konnte wiederholt mit dem allgemeinen Wohlbefinden in Verbindung gebracht werden. Menschen, die regelmäßig Neues lernen, scheinen insgesamt zufriedener zu sein. 

Um die bisherigen Daten zum Thema FLL im Alter zu systematisieren, hat das Forscher*innen-Team Klimova und Pikhart der Universität Hradec Kralove/Tschechien 2020 einen wichtigen Beitrag geliefert und alle relevanten Studien gesammelt und ausgewertet. Um den Effekt von FLL speziell auf Senior*innen zu prüfen, kamen 7 einschlägige Artikel zur Analyse, die mittels einer spezifischen Online-Suche herausgefiltert wurden. Der Großteil dieser Studien wurde mit einsprachigen, älteren Individuen durchgeführt. Die Stichprobengröße belief sich dabei auf 10-153 Personen ab 55 Jahren, meist aus dem europäischen Raum. Gegenstand der Studien war der Einfluss von Fremdsprachenlernen auf kognitive Fähigkeiten gesunder, älterer Menschen. Die Frage wurde von Klimova und Pikhart außerdem aus einer positiv psychologischen Perspektive diskutiert, das bedeutet, der Prozess des Lernens war wichtiger als die tatsächliche Leistung. In der positiven Psychologie geht man davon aus, dass das Erkennen und Wertschätzen der eigenen Fähigkeiten zu unserem Wohlbefinden beiträgt. Etwas Neues zu lernen fördert demnach das positive Selbstbild.

Die Auswertung der Studien konnte belegen, dass das Lernen einer fremden Sprache einen positiven Einfluss auf den Erhalt und die Verbesserung kognitiver Fähigkeiten hatte – sogar unabhängig vom Alter der Proband*innen. Sprachkurse wirkten anregend und hatten einen positiven Effekt auf das allgemeine Wohlbefinden der Teilnehmer*innen. Sie zeigten sich optimistischer und selbstbewusster. Die Motivation, eine Fremdsprache zu lernen, lässt sich einer Studie zu Folge außerdem fördern, indem man in Gruppen lernt, Spiele integriert, Medien wie YouTube Videos nutzt oder gemeinsam Lieder in der fremden Sprache singt. Dabei stellt v.a. das Lernen in der Gruppe nicht nur eine Möglichkeit dar, sich für einen Sprachkurs zu begeistern. In der Gruppe zu lernen, stärkt soziale Kontakte, fördert den Gemeinschaftssinn und in weiterer Folge wieder das Wohlbefinden und kognitive Fähigkeiten.

Das Fazit lautet also: Egal wie alt wir sind, etwas Neues zu lernen, wie z.B. eine fremde Sprache, hält fit und macht zufriedener. Mehr Förderprogramme und leicht zugängliche Klassen für ältere Personen könnten in Zukunft immer wichtiger werden, um das Gesundheitssystem nachhaltig zu entlasten.

 

Klimova, B., & Pikhart, M. (2020).  Current research on the impact of foreign language learning among  healthy seniors on their cognitive functions from a positive psychology  perspective—A systematic review. Frontiers in Psychology, 11, 765.

 Podcast: Fit durch Fremdsprachen - Wie das Erlernen einer Fremdsprache das Altern positiv beeinflussen kann


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