Pflege deine Freundschaften - Die Bedeutung von sozialen Beziehungen beim Übergang in den Ruhestand

zusammengefasst von Tom Jeitz, Patrick Melichar & Sandra Oberleiter

 

Nach einem langen Arbeitsleben ist der Übergang in den Ruhestand ein einschneidendes Lebensereignis, das einer intensiven Vorbereitung bedarf. Dabei stehen meist vor allem finanzielle Überlegungen im Mittelpunkt, um nach der Pensionierung wirtschaftlich abgesichert zu sein. Doch wie verändert der Austritt aus dem Arbeitsalltag etwaige soziale Beziehungen? Und warum könnte das wichtig sein?

Forschungsergebnisse legen nahe, dass soziale Beziehungen und die Zugehörigkeit zu mehreren sozialen Gruppen nicht nur einen wichtigen Beitrag zum Wohlbefinden leisten, sondern sich auch durchwegs positiv auf die Lebensdauer eines Menschen auswirken können. Mit sozialer Gruppe ist eine Beziehung zu anderen Menschen gemeint, mit denen man im regelmäßigen Kontakt steht und ein „Wir-Gefühl“ entwickelt hat. Dies können die Kolleg*innen am Arbeitsplatz sein, die Mitglieder im Sportverein oder auch die eigene Familie.

Allerdings haben Befunde wie diese in der breiten Öffentlichkeit noch nicht sonderlich viel Beachtung gefunden. Noch immer ist jene Meinung vorherrschend, dass finanzielle Absicherung das wichtigste Merkmal für einen erfolgreichen Übergang in den Ruhestand sei.

Um dem entgegenzuwirken, haben Forscher*innen aus Australien ein praxisnahes Modell entwickelt, das aus verschiedenen, begründeten Theorien besteht. Daraus lassen sich vier Lektionen ableiten, die den Übergang in den Ruhestand erleichtern sollen:

Lektion 1 – Anzahl von Gruppen: Wer bereits vor der Pensionierung Mitglied in mehreren, diversen Gruppen ist erhöht die Wahrscheinlichkeit, bei Bedarf entsprechende Unterstützung zu erhalten. Diese können sozial, emotional, aber auch finanziell sein, was sich in weiterer Folge positiv auf das eigene Wohlbefinden auswirken kann.

Lektion 2 – Beibehaltung von Gruppen: Eine Zugehörigkeit zu mehreren Gruppen bereits vor der Pensionierung erhöht zudem die Wahrscheinlichkeit, dass zumindest einige davon - auch nach dem Austritt aus dem Arbeitsleben - bestehen bleiben. Diese Beständigkeit fördert nicht nur die Lebensqualität, sondern auch die Lebensdauer.

Lektion 3 – Aufbau neuer Gruppen: Der Übergang in den Ruhestand bringt mitunter auch einen Verlust von sozialen Beziehungen mit sich – allen voran der Arbeitsgruppe. Somit ist es wichtig, neuen Gruppen beizutreten und in diese zu investieren. Dazu zählt auch die Gruppe der Pensionist*innen. Eine gelungene Annahme der neugewonnenen „Rentner*innen-Identität“ wirkt sich positiv auf den Übergang in den Ruhestand aus.

Lektion 4 – Vereinbarkeit: Um Konfliktpotential zu vermeiden ist es wünschenswert, dass bereits bestehende und neue Gruppen miteinander vereinbar sind. Gelingt hier eine Übereinstimmung, wirkt sich das positiv auf das Wohlbefinden einer Person aus.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass vor Antritt des Ruhestands genügend Zeit für Überlegungen rund um soziale Beziehungen eingeplant werden sollte. Um einen Überblick über die persönliche soziale Einbettung zu erlangen kann es hilfreich sein, diese mit Stift und Papier zu veranschaulichen. So kann ein Verständnis darüber gewonnen werden, welche Gruppen zur Unterstützung bereits greifbar sind und an welchen Stellen es eventuell noch Raum für Verbesserungen gibt. Schließlich sollte man eigene Rollen, Tätigkeiten und Eigenschaften reflektieren sowie Überlegungen anstoßen, wie diese im sozialen Kontext gelebt werden könnten.

Wie anfangs bereits erwähnt, spielen soziale Faktoren im Ruhestand eine noch größere Rolle als finanzielle Aspekte. Für einen möglichst angenehmen, glücklichen und gesunden Übergang in die Pensionierung, sollten zwischenmenschliche Beziehungen also unbedingt miteinbezogen werden. Ihre Gesundheit und Wohlbefinden wird es Ihnen danken!

 

Haslam, C., Steffens, N. K., Branscombe, N. R., Haslam, S. A., Cruwys, T., Lam, B. C. P., Pachana, N. A., & Yang, J. (2019). The Importance of Social Groups for Retirement Adjustment: Evidence, Application, and Policy Implications of the Social Identity Model of Identity Change. Social Issues and Policy Review, 13(1), 93-124. doi.org/10.1111/sipr.12049

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