Was passiert mit all der freien Zeit? Freizeit im Übergang zur Rente
Was passiert mit all der freien Zeit? Freizeit im Übergang zur Rente
zusammengefasst von Fiona Rupprecht
Der Renten- oder Pensionseintritt bedeutet für die meisten Menschen einen großen Einschnitt und eine Lebensphase, die geprägt ist von Veränderung. Man lässt Arbeitsrollen und Arbeitsaufgaben, klar geregelte Tagesabläufe und Erwartungen, den Arbeitsplatz und Arbeitsweg zurück. Im Gegenzug gewinnt man Freiheit, Freiraum und – vor allem – Zeit. Im Durchschnitt beträgt die Arbeitszeit in Österreich 30 Stunden pro Woche. Diese 30 Stunden gilt es nach Pensionseintritt zu füllen – und das birgt Chancen, aber auch Herausforderungen.
Die gewonnene Zeit aktiv zu nutzen, bedeutet, nicht verpflichtenden, frei und bewusst ausgewählten und unbezahlten Aktivitäten nachzugehen, etwa im sportlichen, sozialen oder kulturellen Bereich. Aktive Freizeit hat gerade im Rentenalter zahlreiche positive Konsequenzen: Man bleibt körperlich und geistig fit, vermeidet Langeweile, hat wichtige Begegnungen mit anderen Menschen, schafft Vergnügen und Zufriedenheit und erlebt Sinn und Bedeutung. Vielen Menschen gelingt es nach dem Pensionseintritt, mehr aktive Freizeit zu erleben. Doch es gibt auch Menschen, bei denen das Ausmaß an aktiver Freizeit trotz Renteneintritt gleich bleibt oder sogar abnimmt.
Die heute vorgestellte Arbeit ist von Dr. Clara de Paula Couto von der Universität Jena und ihren Kolleg*innen und stellt die Frage, wie wir erklären können, warum einige Menschen mit dem Pensionseintritt ihre aktive Freizeit steigern und andere nicht, und wie wir in Zukunft Menschen dabei unterstützen können, nach dem Pensionseintritt eine erfüllende Freizeit zu erleben. Die Autor*innen gehen in ihrer Arbeit davon aus, dass unsere Altersbilder eine entscheidende Rolle für die Freizeitgestaltung spielen. Sind wir überzeugt, dass der Pensionseintritt der Anfang vom Ende ist und erwarten eine negative, vielleicht auch langweilige Zeit, dann werden wir unsere Freizeit wahrscheinlich wenig aktiv gestalten. Sehen wir die Pension dagegen als wertvolle Zeit, die wir selbstständig gestalten können und auf die wir uns vielleicht auch gefreut haben, so sollten wir unsere Freizeit aktiv gestalten. Die Autor*innen gehen ferner davon aus, dass auch Planung eine Rolle spielt: Wer vor dem Pensionseintritt bereits die Freizeit danach plant, wird es leichter haben als Personen, die unvorbereitet in die Rente gehen.
Diese Annahmen wurden in einer Stichprobe von 451 Personen (aus Deutschland, den USA und Hong Kong) im Alter zwischen 50 und 65 Jahren überprüft. Diese Personen wurden über fünf Jahre begleitet und befanden sich kurz vor, in oder nach der Pension. Die Annahmen der Autor*innen bestätigten sich: Positive Altersbilder und mehr Planung führten gerade bei den Personen, die neu in die Pension eintraten, zu mehr aktiver Freizeit. Besonders positiv war dabei eine Kombination aus beidem: Wer das Älterwerden positiv sah und sich gleichzeitig auf die Pension vorbereitete, verbrachte nach dem Pensionseintritt deutlich mehr aktive Freizeit als andere Personen.
Wir können aus dieser Forschung also einige wichtige Erkenntnisse ziehen: Zunächst, dass aktive Freizeit im höheren Alter wichtig ist und dazu beiträgt, dass wir gesund und glücklich älter werden. Außerdem, dass Planung vor dem Renteneintritt und eine positive Sicht auf das Älterwerden dabei helfen, diese aktive Freizeit in unseren Alltag einzubauen. Hier können wir bei uns selbst, aber auch bei anderen Menschen ansetzen: Was erwarten wir von der Pension? Ist unser Blick auf die Pension vielleicht zu negativ? Worauf können wir uns freuen? Wie können wir aktiv planen und gestalten – und das bereits im Voraus? In diesem Zusammenhang sind selbstverständlich auch Arbeitgeber*innen gefragt. Diese können Personen, die vor dem Pensionseintritt stehen, bei der Vorbereitung und Planung des Übergangs unterstützen. Davon können dann zukünftige Pensionist*innen, aber auch die Gesellschaft als Ganzes profitieren.
De Paula Couto, M. C. P., Ekerdt, D. J., Fung, H. H., Hess, T. H., & Rothermund, K. (2022). What will you do with all that time? Changes in leisure activities after retirement are determined by age-related self-views and preparation. Acta Psychologica, 213:103795. doi.org/10.1016/j.actpsy.2022.103795
Podcast: Was passiert mit all der freien Zeit? Freizeit im Übergang zur Rente
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