Wie Gesundheitssorgen während der Corona-Pandemie unsere Altersvorsorge beeinflussen

zusammengefasst von Fiona Rupprecht

 

Heute möchten wir Ihnen einen Artikel aus dem Projekt „Altern als Zukunft“ präsentieren. Das „Altern als Zukunft“ Projekt ist ein Zusammenschluss aus Psycholog*innen und Soziolog*innen aus insgesamt fünf Ländern, an dem wir auch beteiligt sind. Gemeinsam haben wir uns für den heutigen Artikel gefragt, ob die Coronapandemie beeinflusst, wie Menschen für die Zukunft planen und für das Älterwerden vorsorgen.

Sie werden sich sicher daran erinnern, dass es zu Beginn der Coronapandemie zahlreiche Gründe gab, sich Sorgen zu machen: Sorgen um andere Menschen, Sorgen um das viele Alleinsein, Sorgen um den Beruf und Sorgen um die eigene Gesundheit. Ein aktiver Weg, mit solchen Sorgen umzugehen, ist dabei, sich auf mögliche Schwierigkeiten in der Zukunft vorzubereiten. Man könnte zum Beispiel sparen und Geld zur Seite legen, in Freundschaften investieren, eine Patientenverfügung erstellen und für den Ernstfall das eigene Testament aufsetzen. Hierbei wird deutlich, dass Vorsorgemaßnahmen, die während der Coronapandemie getroffen worden sind, denen für das Älterwerden sehr ähnlich sind. Auch hat uns die Coronapandemie vor Augen geführt, dass wir älter werden, dass unser Leben endlich ist und dass unsere Gesundheit nicht selbstverständlich ist. Kann es also sein, dass Gesundheitssorgen während der Pandemie dazu führen, dass wir uns verstärkt mit dem Älterwerden und der Altersvorsorge auseinandersetzen?

Diese Frage haben wir uns gemeinsam mit der Erstautorin Yaeji Kim-Knauss gestellt und haben hierfür in einer großen Studie im Winter 2020 rund 1300 Personen aus Deutschland und 360 Personen aus Hong Kong befragt. Die befragten Personen waren zwischen 18 und 95 Jahre alt und hatten unterschiedlichste Hintergründe, was etwa Bildung und Familienstand angeht. Wir haben die Teilnehmenden zum einen danach gefragt, ob sie sich wegen der Corona-Erkrankung Sorgen machen und ob sie Angst um ihre eigene Gesundheit haben. Zum anderen haben wir sie danach gefragt, ob sie sich seit Beginn der Coronapandemie verstärkt mit der Altersvorsorge in fünf Bereichen auseinandersetzen. Diese fünf Bereiche waren Finanzen, Wohnen, Pflege, soziale Eingebundenheit und das Lebensende. Unsere grundlegende Erwartung war, dass Gesundheitssorgen zu Altersvorsorge in allen fünf Bereichen führen. Allerdings liegt es natürlich nahe, dass der Winter 2020 mit seinen hohen Infektions- und Todeszahlen in Europa die Bereiche Pflege und Lebensende in den Vordergrund gerückt hat. Wir erwarteten also, dass die deutschen Teilnehmenden besonders in diesen Bereichen aktiv wurden. In Hong Kong war die Situation im Winter 2020 eine andere. Hier waren die Infektions- und Todeszahlen sehr niedrig, dagegen waren aufgrund der Pandemie (sowie der politischen Unruhen) der Arbeitsmarkt, die Wirtschaft und der Wohnungsmarkt schwer getroffen. Teilnehmende aus Hong Kong könnten sich deswegen vor allem für Vorsorge in den Bereichen Wohnen und Finanzen engagieren. 

All diese Hypothesen konnten so auch bestätigt werden. Menschen, die sich wegen Corona mehr Sorgen um ihre Gesundheit machten, investierten tatsächlich während der Pandemie stärker in die Altersvorsorge als zuvor. In der deutschen Stichprobe betraf das ganz besonders die Bereiche Pflege, Lebensende und soziale Eingebundenheit. In Hong Kong dagegen waren alle Bereiche ähnlich stark betroffen, ganz oben standen aber die Finanzen. Darüber hinaus gab es noch zwei weitere, spannende Effekte: Menschen mit einer niedrigeren Bildung setzten sich durch die Pandemie besonders stark mit dem Thema Altersvorsorge auseinander. Gleiches galt für die Teilnehmenden aus Hong Kong im Vergleich zu den Teilnehmenden aus Deutschland. Das ist deswegen so spannend und wichtig, da diese beiden Gruppen vor der Pandemie oft nur wenig für das Älterwerden vorsorgten. Die Pandemie könnte hier also ein Anstoß gewesen sein für die Auseinandersetzung mit der eigenen Zukunft.

Als Fazit lässt sich also sagen, dass die Pandemie Menschen dazu gebracht hat, sich verstärkt mit dem Älterwerden und unterschiedlichen Bereichen der Altersvorsorge auseinanderzusetzen. Das kann durchaus als eine positive Auswirkung der Pandemie gesehen werden. Denn Altersvorsorge kann uns Ängste nehmen und uns ermöglichen, unser Älterwerden selbst in die Hand zu nehmen und zu gestalten. Altersvorsorge kann uns selbst und unsere Angehörigen entlasten und dafür sorgen, dass in Situationen, in denen wir nicht mehr aktiv handeln und entscheiden können, das geschieht, was wir uns wünschen. Altersvorsorge passiert aber nicht von heute auf morgen, sondern ist ein stetiger Prozess. In der Zukunft wird es deswegen besonders wichtig sein, diesen Anstoß, den die Pandemie gegeben hat, zu nutzen und aufrechtzuerhalten. Und Menschen dabei zu unterstützen im Rahmen der eigenen Möglichkeiten aktiv für das Älterwerden vorzusorgen.

Und zum Abschluss: Falls Sie noch mehr Interesse an dem Projekt „Altern als Zukunft“ haben, können Sie unter folgendem Link kostenlos auf ein kürzlich erschienenes Buch zum Projekt zugreifen: link.springer.com/book/10.1007/978-3-662-63405-9

Hier werden zahlreiche wichtige Fragestellungen und Erkenntnisse aus dem Projekt zusammengefasst und Sie bekommen einen spannenden Einblick in aktuelle, wissenschaftliche Arbeit zum Thema Älterwerden.

 

Kim-Knauss, Y., Lang, F. R., Rupprecht, F. S., Martin, K., & Fung, H. H. (2022). COVID-19 worries predict aging preparation: Culture- and domain-specific perspectives. The Journals of Gerontology, Series B: Psychological Science. doi.org/10.1093/geronb/gbac078

 Podcast: Wie Gesundheitssorgen während der Coronapandemie unsere Altersvorsorge beeinflussen


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