Erfolgreich Älterwerden mit Hilfe von Religion
Erfolgreich Älterwerden mit Hilfe von Religion
zusammengefasst von Lisa Hinternberger & Alexander Pell
Wir alle wünschen uns erfolgreich alt zu werden. Doch was bedeutet das eigentlich? Psycholog*innen meinen damit nicht nur körperlich, sondern auch im Kopf möglichst gesund und fit zu bleiben. Dass man im Laufe des Älterwerdens hie und da vergisst, wo man den Schlüssel hingelegt hat, oder ob man Marmeladensemmel oder Honigbrot zum Frühstück hatte, ist ganz normal. Wenn man älter wird, braucht auch das Gehirn manchmal ein bisschen länger, das sei ihm verziehen.
Häufen sich aber diese Momente des Vergessens, dann könnten das erste Anzeichen eines „kognitiven Abbaus“ sein. So nennen Wissenschaftler*innen diese ersten, schleichend auftretenden Anzeichen einer möglichen Demenzerkrankung. Sie fragen sich, was man tun kann, um genau dies möglichst lang hinauszuzögern?
Amerikanische Forscher*innen der Universität Michigan haben sich mit dieser Frage beschäftigt und kamen zu bemerkenswerten Ergebnissen: Religiosität kann sich positiv auf das erfolgreiche Altern unseres Gehirns auswirken. Hierfür analysierten sie Daten von über 16.000 Personen, die über mehrere Jahre an einer großangelegten Studie teilnahmen. Unter ihnen Personen verschiedenster Ethnizitäten. In vorherigen Studien zeigten Angehörige ethnischer Minderheiten eine durchschnittlich schlechtere Gedächtnisleistung als Personen, die keiner Minderheit angehörten. Aber nicht nur das: Personen, die einer Minderheit angehörten, berichteten auch von mehr religiöser Beteiligung als die Vergleichsgruppe ohne Minderheitenzugehörigkeit.
Die Forscher*innen fanden heraus, dass jene Personen, die angaben, öfter an religiösen Veranstaltungen wie Gottesdiensten teilzunehmen, zu einem gewissen Grad vor einem Abbau ihres Gedächtnisses geschützt waren. Das Gleiche galt auch für das häufigere Praktizieren individueller Gebetsrituale. Mögliche Erklärungsvorschläge für diese Ergebnisse: Es ist naheliegend, dass schon der Kontakt zu anderen, gleichgesinnten Personen unser Gehirn fordert und fit hält. Wenn wir mit ihnen dann auch noch über die Predigt des Pfarrers oder der Pfarrerin diskutieren, müssen wir uns zuerst an deren Inhalte erinnern - das hilft unserem Gehirn, aktiv zu bleiben. Genau das trifft auch auf Gebete zu; so müssen wir uns erinnern, dass wir beten, für wen wir beten und wofür wir beten.
Ein überraschender Befund der Studie: starker Glaube und die damit einhergehende Einstellung, bestimmte Lebensereignisse seien vorbestimmt, hatte einen negativen Einfluss auf die Gedächtnisleistung. Das kann dadurch erklärt werden, dass Personen, die sehr stark an Gott glauben, auch aufhören, ihr Leben und ihren Alltag selbst zu gestalten und zu einem gewissen Maße den Dingen ihren freien Lauf lassen. Damit berauben sie ihrem Gehirn die Notwendigkeit, strategisch, kritisch und vor allem aktiv nach Lösungen für Probleme zu suchen.
Falls Sie also nächsten Sonntag in der Kirche sitzen, denken Sie daran, welchen großen Gefallen Sie Ihrem Gehirn gerade tun. Behalten Sie aber auch im Hinterkopf, dass Religion nicht die eine große Lösung ist, sie aber durchaus eine wertvolle Unterstützung zum erfolgreichen Altern im Alltag sein kann.
Kraal, A. Z., Sharifian, N., Zaheed, A. B., Sol, K., & Zahodne, L. B. (2019). Dimensions of Religious Involvement Represent Positive Pathways in Cognitive Aging. Research on Aging, 41(9), 868-890. doi.org/10.1177/0164027519862745
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