Wenn tägliche Emotionen die Lebenszufriedenheit färben: Altersunterschiede in der Globalisierung von Emotionen

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Zusammengefasst von Mareike Haberson

Würde Sie jemand fragen wie zufrieden Sie mit Ihrem Leben sind, wie sehr würde Ihre Antwort davon abhängen, wie gut oder schlecht der heutige Tag für Sie verlaufen ist? 

Sei es der Frust über den Ausgang eines intensiven Streitgesprächs, oder die Freude über ein besonderes Erfolgserlebnis am Arbeitsplatz - unser Alltag ist in der Regel von emotionalen Höhen und Tiefen geprägt.

Das Phänomen der Emotionsglobalisierung beschreibt in diesem Kontext das Ausmaß, in dem sich aktuelle positive und negative Emotionen einer Person auf deren allgemeine Lebenszufriedenheit auswirken. Wie anfällig Personen für Schwankungen in der Bewertung ihrer Lebenszufriedenheit in Abhängigkeit von ihrem momentanen emotionalen Zustand sind, kann auf eine Reihe von Faktoren zurückgeführt werden. Frühere Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass eine starke emotionale Globalisierung eine maladaptive Art der Reaktion auf die eigenen Emotionen beschreibt und mit depressiven Symptomen in Verbindung stehen könnte. Auch wird davon ausgegangen, dass ein erholsamer Schlaf die Neigung von Personen, temporäre Affekte in die Bewertung der Lebenszufriedenheit einzubeziehen, abschwächt.

Auch das Alter könnte eine Rolle spielen. Dieser Annahme gingen Barlow und Kolleg*innen, eine Forschungsgruppe aus Kanada und den USA, in zwei Studien auf den Grund.

In der ersten Studie, an der 133 Personen im Alter von 23-78 Jahren teilnahmen, stellten sich die Forscher*innen die Frage, wie sich momentane Emotionen, aber auch Emotionen zum herausforderndsten Zeitpunkt des vergangenen Tages auf die Lebenszufriedenheit auswirken.
In einer zweiten Studie mit 137 Teilnehmer*innen, aufgeteilt in eine jüngere Altersgruppe der 18 bis 35-Jährigen und eine ältere Gruppe der über 65-Jährigen, setzen sie sich zum Ziel herauszufinden, wie stark Emotionen zum herausforderndsten Zeitpunkt des Tages in die Bewertung der allgemeinen Tageszufriedenheit miteinbezogen wurden.  
Die Datenerhebung erfolgte in beiden Studien mittels Tagebucheinträgen am Ende des Tages. 

Die Ergebnisse deuten auf eine geringere Neigung älterer Erwachsener zur Globalisierung negativer Emotionen im Vergleich zu jüngeren Erwachsenen hin. Dies gilt sowohl für die momentanen Emotionen als auch für die Emotionen zum herausforderndsten Zeitpunkt des Tages. Bei der Globalisierung positiver Emotionen zeigte sich dagegen in beiden Konditionen kein Unterschied zwischen den Altersgruppen. Es konnten zudem keine Altersunterschiede im Zusammenhang mit Emotionen zum herausforderndsten Zeitpunkt des Tages und der Tageszufriedenheit gefunden werden. 

Den Autor*innen zufolge bestehen mehrere mögliche Erklärungen für die vorliegenden Ergebnisse. Hervorzuheben sind dabei die altersbedingten Unterschiede in der Emotionsglobalisierung bei negativen, nicht aber bei positiven Emotionen. Erklärt werden könnte dies durch die Annahme, dass ältere Menschen eher dazu neigen, stark erregende negative Situationen zu meiden. Dies führe wiederum zu einer verringerten Variabilität in den täglichen Emotionen, sowie in den möglicherweise dadurch beeinflussten Berichten zur Lebenszufriedenheit. 

Die positive Neubewertung von Emotionen und Erlebnissen ist zudem eine Selbstregulationsstrategie, welche ältere Menschen häufig nutzen, um zufriedener durchs Leben zu gehen. Entwicklungstheorien zufolge stellt das über die Lebensspanne durch Erfahrungen erworbene Wissen eine besondere Stärke älterer Erwachsener dar, die es ihnen ermöglicht, bestimmte Herausforderungen besser zu bewältigen als jüngere Menschen. 
Dazu gehört auch das Verständnis für die Bedeutung, Entstehung und Relevanz ihrer täglichen Emotionen sowie der begrenzte Informationsgehalt dieser für die Evaluation der Lebenszufriedenheit. Dies könnte eine mögliche Erklärung dafür sein, dass sie weniger zur Emotionsglobalisierung neigen.

Die Ergebnisse dieses Forschungsprojekts erlauben uns einen spannenden Einblick in die Rolle von Emotionen in der Evaluation der Lebenszufriedenheit und informieren unser Verständnis über die emotionale Entwicklung im Laufe der Lebensspanne.

 

Quelle: 

Barlow, M. A., Willroth, E. C., Wrosch, C., John, O. P., Mauss, I. B., & Stine-Morrow, E. A. L. (2023). When Daily Emotions Spill Into Life Satisfaction: Age Differences in Emotion Globalizing. Psychology and Aging38(7), 644–655. doi.org/10.1037/pag0000771