Wie Musik die Gedächtnisleistung begünstigen kann

zusammengefasst von Lisa Heilig

 

Mit dem Alter kommt es bei manchen Menschen zu einer Verschlechterung des Gedächtnisses. Gibt es Methoden, die die Erhaltung oder gar Verbesserung des Gedächtnisses im Alter begünstigen? Die Forschung zeigt: Eine Möglichkeit sind Interventionen, in denen mit Musik gearbeitet wird.

So konnten bisherige Studien zeigen, dass Musik zu besserer Gedächtnisleistung führen kann. Wenn etwa ein Text gesungen statt gesprochen wird, können ihn Menschen nachher leichter wiedergeben. Das zeigt sich sowohl bei gesunden als auch bei an Alzheimer erkrankten Personen, und sowohl sofort nach der Präsentation des Textes als auch mit einer zeitlichen Verzögerung. Ebenso fällt die Wiedererkennung von Liedtexten besser aus, wenn man eine gesungene anstelle einer gesprochenen Aufnahme hört.

Neben solchen positiven Wirkungen von Musik auf die Merkfähigkeit gibt es auch positive Effekte auf das sogenannte Arbeitsgedächtnis. In einer Studie sollten gesunde ältere Personen Ziffernfolgen in der richtigen Reihenfolge wiederholen oder in einer Minute so viele Wörter mit einem bestimmten Anfangsbuchstaben nennen wie möglich. Wenn die Teilnehmer*innen während dieser Aufgaben klassische Musik hörten, schnitten sie besser ab, als wenn sie keine Musik oder nur ein Rauschen hörten.

Als Erklärung für diese Effekte wurde bisher angenommen, dass fröhliche Musik eine aktivierende und stimulierende Wirkung hat, die nicht nur glücklich macht, sondern auch das Gedächtnis unterstützt. Neuere Forschung ergänzt, dass es nicht nur fröhliche Musik ist, die sich auf das Gedächtnis positiv auswirkt, sondern eine Übereinstimmung zwischen Musik und Stimmung der Hörer*innen. Das heißt, fröhliche Musik ist förderlich bei fröhlicher Stimmung, traurige Musik dagegen bei trauriger Stimmung. Bei jungen Erwachsenen und Kindern etwa steigerte sich die Leistung des Arbeitsgedächtnisses, wenn sie Musik hörten, die zu ihrer Stimmung passte.

Ob dieser Effekt auch bei gesunden älteren Erwachsenen gefunden werden kann, haben sich Emma Ward und ihre Kolleg*innen angeschaut. Sie führten eine Untersuchung mit 48 jungen und 48 älteren Erwachsenen durch. Dabei wurden nach einer Präsentation stimmungsneutraler Bilder (z.B. Bilder von Alltagsgegenständen) die Leistungen des Langzeitgedächtnisses und des Arbeitsgedächtnisses erhoben. Für die Leistung des Langzeitgedächtnisses wurden den Teilnehmer*innen nacheinander Wörter präsentiert, von denen sie sofort nach der Darbietung so viele wie möglich aufschreiben mussten. Für das Arbeitsgedächtnis wurden den Teilnehmer*innen Ziffernfolgen vorgelesen, die sie in umgekehrter Reihenfolge wiedergeben mussten.

Auf diesen ersten Durchgang folgten zwei weitere, in denen die eine Hälfte der Teilnehmer*innen glückliche Bilder (z.B. von spielenden Kindern) und die andere Hälfte traurige Bilder (z.B. von weinenden Personen) sah. Dadurch sollte eine glückliche beziehungsweise traurige Stimmung erweckt werden. Danach hörten die Teilnehmer*innen Musik. Diese stimmte in einem Durchgang mit der hervorgerufenen Stimmung überein und im anderen nicht. Nach jedem Durchgang führten die Teilnehmer*innen wieder die Aufgaben zur Messung des Langzeit- und des Arbeitsgedächtnisses aus.

Wie erwartet förderte eine Übereinstimmung zwischen der Stimmung der Hörer*innen und der Stimmung der Musik sowohl die Leistung des Langzeit- als auch des Arbeitsgedächtnisses, ungeachtet dessen, ob es sich um glückliche oder traurige Stimmung handelte. Wenn die Stimmung und die Musik nicht übereinstimmten, hatte das einen nachteiligen Effekt auf die Gedächtnisleistung. Das zeigte sich insbesondere bei älteren Erwachsenen. Grund dafür ist möglicherweise, dass eine Übereinstimmung von Stimmung und Musik zu einer tieferen Verarbeitung neuer Informationen führt. Je tiefer Informationen verarbeitet werden, desto leichter kann man sie wieder abrufen.

Die Ergebnisse der Studie sind wichtig für Interventionen, die mit Musik arbeiten, um bei älteren Menschen die Gedächtnisleistung zu verbessern. Sie bestätigen die Vermutung, dass Aktivitäten mit Musik die kognitiven Funktionen älterer Erwachsener begünstigen. Dabei scheint von besonderer Relevanz für den Erfolg der Intervention im Alter zu sein, dass die eingesetzte Musik der Stimmung der Hörer*innen entspricht.

 

Ward, E. V., Isac, A., Donnelly, M., Van Puyvelde, M. & Franco, F. (2021). Memory improvement in aging as a function of exposure to mood-matching music. Acta Psychologica, 212, Article 103206. https://doi.org/10.1016/j.actpsy.2020.103206

 Podcast: Wie Musik die Gedächtnisleistung beeinträchtigen kann


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